Verkaufen an informierte Kunden

von | Vertrieb

Vertrieb hat sich verändert!

Man muss zwei Zeiten unterscheiden: Verkaufen vor dem Onlinezeitalter und danach. Das Internet ändert alles, da es Interessenten den freien Zugang zu Informationen gibt. Bis dahin waren Verkäufer die Herrscher über detaillierte Produktinformationen. Heute besorgen sich die Käufer diese online und sind im Kaufprozess fortgeschritten, bis sie Anbieter kontaktieren. Sie haben es im Moment der Kontaktaufnahme schon mit einem informierten Kunden zu tun. Um jetzt erfolgreich zu sein, reicht es nicht aus, diesen nur noch einmal mit Infos zu versorgen. In den folgenden Kapiteln werden wir uns anschauen, wie Sie Ihren Verkaufsprozess anpassen müssen.

Mehr als Informationen

Produktinformationen sind heute nicht mehr das wichtigste für Verkäufer. Sie müssen sie weiterhin kennen, um sich als Experte zu positionieren und Fragen beantworten zu können. Statt einen Mangel an Daten haben potenzielle jedoch Kunde eher das Problem, die schiere Menge der Fakten einzuordnen.

Im Jahr 2000 veröffentlichten die Psychologen Sheena Iyengar und Mark Lepper von der Columbia und der Stanford University eine Studie über Konfitüren. An einem normalen Tag auf einem örtlichen Lebensmittelmarkt fanden die Leute einen Tisch mit 24 verschiedenen Marmeladensorten vor. An einem anderen Tag wurden den Besuchern desselben Lebensmittelmarktes nur 6 verschiedene Marmeladensorten zur Auswahl gestellt.

Raten Sie mal, welcher Auslagetisch zu mehr Verkäufen führte? Ganz genau. Am Tag mit nur 6 Sorten kauften 30% und am Tag mit den 24 Sorten nur 3% der Standbesucher.

https://faculty.washington.edu/jdb/345/345%20Articles/Iyengar%20%26%20Lepper%20(2000).pdf

Hierbei können Verkäufer helfen, führen Sie Ihren Kunden durch den Informationsdschungel. Darüber hinaus müssen Sie mehr liefern: Insider-Informationen!

Dazu gehören beispielsweise anstehende Änderungen an Vorschriften und Richtlinien im Markt. Ergänzende Service- & Leasingangebote zu Ihren Waren sind oft erklärungsbedürftig und individuell, hier können Sie sich abheben. Gibt es Synergieeffekte zwischen Ihren Produkten, die auf den ersten Blick nicht ersichtlich sind? Helfen Sie dem Kunden, seine Prozesse optimal und zukunftssicher zu gestalten. Unterstützen Sie ihn dabei den Return on Invest, den Break-Even-Point und die Total Cost of Ownership zu berechnen. Der Schlüssel dazu ist Ihre detaillierte Markt- und Produktkenntnis.

Das ist das Insiderwissen, das Sie zur Verfügung stellen und das Ihren Produkten in den Augen des Interessenten mehr Wert verleiht.

Konversation vor Präsentation

Die klassische Produktpräsentation, sei es per Powerpoint oder mit einem Vorführgerät, hat ausgedient. Zum Kunden zu fahren und seinen Standard mit Firmenpräsentation, Referenzen und Produktmerkmalen durchzuziehen, verspricht heute wenig Erfolg. Während der Bedarfsanalyse sollten Verkäufer mehr zuhören und Fragen stellen, um in einen Dialog zu gelangen. Anschließend führen Sie Ihren Gesprächspartner bis zum erfolgreichen Abschluss. Leider ist das nach meinen Beobachtungen auch im 21. Jahrhundert noch nicht der Standard. Dabei ist es heute umso wichtiger den Kunden einzubinden (Customer Engagement). Lassen Sie ihn den Nutzen der Produkte selbst erkennen und fragen Sie immer direkt nach einer Bestätigung, sobald Sie etwas erklärt haben. So kommen Sie in einen aktiven Austausch über die beste Lösung und bauen ein Vertrauensverhältnis auf.

Wenn Sie auf eine Nachfrage, ein undifferenziertes oder gar negatives Feedback bekommen, gehen Sie gleich darauf ein. Sehen Sie nicht darüber hinweg! Fragen Sie nach: „Ist dieses Feature nicht wichtig für Sie? Bitte sprechen Sie offen, damit ich Ihnen nicht falsche Funktionen oder sogar ein falsches Produkt zeige.“

Wenn dann ein Einwand kommt, gehen Sie folgender Maßen darauf ein:

Nehmen Sie den Einwand auf und bestätigen Sie ihn, am besten mit dem Verweis auf jemand dritten. Unterbreiten Sie einen Lösungsvorschlag und holen Sie sich die Bestätigung des Kunden ihm diesen zu zeigen. Verknüpfen Sie darauf hin die Lösung mit dem ursprünglichen Einwand und lassen Sie sich Bestätigen, das dieser ausgeräumt ist.

Einwandbehandlung

Stellen Sie sicher, das Sie auf alle Probleme des Kunden, die Ihr Produkt lösen soll, eingegangen sind, bevor Sie den Termin verlassen. Ansonsten hinterlassen Sie Ihren Ansprechpartner mit Zweifeln, ob Ihr Angebot das beste ist, welches er am Markt bekommen kann.

Beeinflussen statt Überreden

Kunden wollen heutzutage nicht mehr zum Kauf überredet werden. Powerselling oder Hardselling haben ausgedient! Anhauen, umhauen, abhauen, ist kein zukunftsweisendes Geschäftsmodell. Vertrauen in den Anbieter und die Lösung selbst, ist heute das entscheidende Kriterium. Dieses müssen Sie aufbauen, das ist eine der Hauptaufgaben, die Sie im Onlinezeitalter im Vertrieb haben. Sie persönlich sind oft der Unterschied im Vergleich zu Ihren Mitbewerbern! Eine wichtige Voraussetzung, um Ihren Ansprechpartner zu beeinflussen, ist, dass er Sie als Experten wahrnimmt. Weiter oben habe ich über Insider-Informationen gesprochen, hier brauchen Sie diese. Damit demonstrieren Sie Ihr Wissen und Ihre Marktkenntnisse. Besprechen Sie, wie er seinen Umsatz erhöhen, Kosten reduzieren oder Marktanteile gewinnen wird. Intuitiv werden Sie dadurch von Ihrem Gegenüber mehr Respekt erwerben und ihn zu einer Lösung mit Ihren Produkten führen.

Angepasste Produkte als Schlüssel

Kunden erwarten heute auf Ihre Bedürfnisse angepasste Lösungen. Richten Sie Ihre Produkte darauf aus! Als Nebeneffekt lassen sich dadurch zusätzliche Umsätze erzielen. Wenn Sie physische Produkte verkaufen, bieten Sie Anpassungen der Firmware oder die Implementierung von kundenspezifischen Standards an. Wenn Sie Software verkaufen, adaptieren Sie die Corporate Identity des Kunden und implementieren Sie benötigte Schnittstellen zu Bestandssystemen.

Dazu gehört auch die finanzielle Seite. Bieten Sie Software as a Service mit monatlichen Raten an. Leasing, Finanzierungen oder Mietkäufe geben die Möglichkeit, die speziell für Ihren Kunden angepasste Finanzierungslösungen zu finden. Gleichzeitig reduzieren Sie damit die Fokussierung auf den Preis.

Risikominimierung statt Preisoptimierung

Im B2B-Business ist der Preis nicht unbedingt entscheidend. Wenn Ihr Produkt in etwa das Gleiche kann wie das der Mitbewerber, darf es etwas teurer sein. Voraussetzung dafür ist, dass der Käufer das Gefühl hat, bei Ihnen weniger Risiko einzugehen.

Auch Sie haben sicher schon öfter das etwas teurer Produkt gekauft, wenn Sie davon eine bessere Qualität oder eine längere Haltbarkeit erwartet haben. Im B2B ist das sogar noch wichtiger, da sich der Käufer bei einer schlechten Wahl vor Kollegen und Chefs für seine Entscheidung rechtfertigen muss. In diese Situation kommt niemand gerne. Nutzen Sie das für sich!

Ihre Beratung und das Vertrauensverhältnis zum Kunden spielen dabei eine wichtige Rolle. Try&Buy-Aktionen, After-Sales-Support, Schlungsangebote, Serviceverträge oder eine Garantieverlängerung können Ihnen den entscheidenden Vorsprung im Wettbewerb geben – und das ohne Discount! Richten Sie den Blick des Kunden in eine erfolgreiche Zukunft bei der Arbeit mit Ihrem Produkt.

Sichtbarkeit statt Kaltakquise

Die alte Schule um an Kunden zu kommen sind Kaltakquise und E-Mail-Newsletter. Beim ersten kommt mittlerweile so gut wie niemand zum Entscheider durch und in der Flut der täglichen E-Mails gehen die Newsletter unter. Außerdem haben beide Kontaktarten einen entscheidenden Nachteil: Ihr Angebot hat höchstwahrscheinlich keine zeitliche Relevanz für den Kunden! Zumindest im Vertrieb von Investitionsgütern ist das die größte Schwäche. Selbst wenn Ihr Produkt inhaltlich für den Ansprechpartner relevant ist, wird er nicht interessiert sein, wenn gerade kein Bedarf existiert.

Wie oben schon geschrieben, informieren sich die meisten Kunden heute online, bevor sie Anbieter kontaktieren. Hier ist modernes Marketing extrem wichtig. Es muss Sie sichtbar machen! Sichtbar in der schier unüberschaubaren Vielfalt des Internets. Generieren Sie Inbound-Leads, Interessenten die Produkte in Ihrem Markt suchen müssen Sie finden und ansprechen können. Hier ist die zeitliche Relevanz immer gegeben, die Kunden qualifizieren sich selbst! Suchmaschinenoptimierung, Google-Ads, Social-Media-Posts und Social-Media-Marketing müssen Hand in Hand gehen.

Fazit

Auch wenn sich die Arbeitsweise im Vertrieb geändert hat, bleibt der Wert der Investition für den Kunden immer ein entscheidendes Kriterium. Das wird sich nie ändern! Sie als Verkäufer müssen den Wert Ihrer Produkte für den Kunden sichtbar machen. Die Art und Weise, wie Sie dies im Internetzeitalter am besten tun, habe ich in den vorigen Kapiteln beschrieben. Bieten Sie einen kundenspezifischen Mehrwert durch Insider-Informationen des Marktes. Nutzen Sie Ihr Expertenwissen über Produkte und Prozesse und bauen Sie damit eine Vertrauensbasis auf. Helfen Sie Ihrem Kunden, Risiken zu vermeiden, und bieten Sie dazu individuell anpassbare Waren und Services an. Lenken Sie seinen Blick in die Zukunft und schicken Sie ihn auf eine Gedankenreise, in der er den Nutzen Ihrer Produkte bereits vor sich sieht. Dann kommt der Abschluss von alleine!

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