Fragetechniken

von | Vertrieb

Allgemeines zu Fragetechniken

Zu den wichtigsten Eigenschaften erfolgreicher Verkäufer gehören folgende Fähigkeiten:

  • Sie denken sich in Kunden individuell hinein und verstehen deren Bedürfnisse
  • Sie helfen den Kunden, gute und richtige Entscheidungen zu treffen
  • Sie sind überzeugt und begeistert von Ihren Produkten
  • Sie stellen die richtigen Fragen und hören zu
  • Sie stellen präzise individuellen Kundennutzen und Vorteile dar

Die Bedarfsanalyse hat einen großen Zeitanteil am gesamten Verkaufsgespräch und die oben genannten Qualitäten sind hier von besonderer Bedeutung. Leider können kommunikationsstarke Verkäufer häufig nicht der Versuchung widerstehen, den größeren Gesprächsanteil einzunehmen. Dabei geht es in dieser Phase darum, die Probleme Ihres Kunden zu erkennen, seine Bedürfnisse kennenzulernen (oder zu wecken) sowie seine Anforderungen zu prüfen. Dies ist deshalb so schwierig, weil sich Ihr Gesprächspartner oft selbst nicht zu 100% sicher ist. Häufig beschreibt er in der Besprechung mit Ihnen Symptome, nicht aber deren Ursache. Ihre Aufgabe ist es somit, das Gespräch hier mit minimalem Redeanteil zu führen, Fragen zu stellen, zuzuhören und Details zu erfassen.

Wesentlich ist somit Ihre Fähigkeit, Fragen stellen zu können, und zwar die richtigen Fragen an der richtigen Stelle.

Gründe für Fragen

  • Fragen bewirken Antworten
    Es ist uns von frühester Kindheit anerzogen: Fragen werden beantwortet. Das lernen wir lange bevor wir Schreiben lernen.
  • Fragen stimulieren den Gesprächspartner
    Unser Gehirn geht bei jeder Frage auf die Suche nach Antworten. Selbst bei rhetorischen Fragen liefert es Antworten.
  • Fragen liefern Information
    Fast ein Nebenprodukt, aber die Antworten zählen natürlich.
  • Fragen führen das Gespräch
    Wer fragt, führt. Denn der Fragende gibt durch die Fragen die grundsätzliche Gesprächsrichtung vor.
  • Fragen vertiefen die Beziehung
    Wir werden gerne gefragt. Es zeigt Interesse an uns als Mensch und Experte. Fragen tut der Seele gut.
  • Fragen führen zu besseren Gesprächen
    Inhaltlich und menschlich bereichern Fragen unsere Gespräche und damit in weiterer Folge unsere Beziehungen.
  • Fragen helfen dem Gegenüber sich selbst zu überzeugen
    Jeder Mensch hat seine persönliche Wortwahl und Sprache. Wer gute Fragen beantwortet, der hört sich selbst zu und beginnt sich auch von den eigenen Aussagen zu überzeugen.
  • Fragen werden beantwortet – ihnen wird selten widersprochen
    Mit Fragen können Sie Information transportieren und bereits Inhalte vorwegnehmen. Denn der Fokus des Gegenübers liegt auf einer Beantwortung, selten nur auf einer Analyse der Frage.

Kundenaussagen präzisieren

Der Erfolg im Verkauf steht und fällt mit der Fähigkeit, Gespräche effektiv zu führen. Denn nur, wenn wir wirkungsvoll kommunizieren sind wir in der Lage, die wirklich wichtigen Informationen von unseren Kunden zu erhalten. Um das zu erreichen, müssen ungenaue Aussagen hinterfragt werden um präzise Antworten zu erhalten.
Wörter wie alle, jeder, ewig, immer, nichts, nie, ständig, überall … sind schnell ausgesprochen, meist aber gar nicht so „allgemein“ gemeint.
In der Praxis wird es häufig so sein, dass Aussagen mehrere Verallgemeinerungen enthalten. Setzt in diesem Fall einfach an einem Punkt an, der Euch besonders geeignet erscheint. Und wenn die Antwort selbst noch ungenau ist, dann fragt einfach weiter – bis Ihr die gewünschte Information erhalten oder eine Lösung gefunden habt.

Hier ein Beispiel:

K: „Ich bin von Ihrem Angebot enttäuscht.“
V: „Inwiefern sind Sie von dem Angebot enttäuscht.“

K: „Das Training, das Sie anbieten ist viel zu teuer.“
V: „Im Vergleich wozu ist das Training zu teuer.“

K: „Im Vergleich zu den anderen Trainingsangeboten, die ich auf dem Tisch habe.“
V: „Und in welchen Punkten sind diese Angebote vergleichbar?“

K: „Ich vergleiche anhand der Inhalte und bei ihnen werden einige Themen nicht ausführlich genug behandelt.“
V: „Geht es nur um die Themen oder sind sie noch mit anderen Punkten unzufrieden?“

K: „Nein, es sind nur die Themen.“
V: „Was wäre, wenn ich mehr Zeit für diese Themen einplanen würde?“

K: „Das fände ich gut und dann würde ich das Training bei ihnen buchen.“
V: „Möchten Sie dann jetzt noch einmal über diese Themen sprechen?“

K: „Ja, unbedingt.“

Fragetypen

Die Offene Frage

Beispiele

  • Wie wichtig ist Ihnen diese konkrete Produkteigenschaft?
  • Was halten Sie von dem neuen Angebot?
  • Wie oft benötigen Sie Ersatz bzw. Ergänzungen zum Produkt?

Ziel

Den Gesprächspartner zum Reden zu motivieren. So möglichst viel Information sammeln, die nächsten Fragen vorbereiten oder mental die Präsentationslinie vorbereiten.

Prinzip

W-Fragewörter (Wer, Wie, Was, Wann, Wie oft, etc.) geben keine Antwort vor und lassen dem Gegenüber viel Raum für die Antwort.

Gut für

  • Informationssammlung
  • Beziehungsvertiefung
  • Zeigt Interesse

Weniger gut für

  • Konkrete Vereinbarungen
  • Bestätigungen
  • Beendigung des Gesprächs

Profi-Tipp

Meidet „Warum“ als Fragewort, es kann Rechtfertigungsdruck erzeugen.
Nutzt umfangreich offene Fragen. Sie sind ein Erfolgsmotor.

Die geschlossene Frage

Beispiele

  • Sie haben also am Donnerstag Zeit?
  • Machen wir das so?
  • Gibt es sonst noch offene Punkte?

Ziel

Unklare Formulierungen vermeiden und eine klare Bestätigung in Form von Ja oder Nein erhalten.

Prinzip

Geschlossene Fragen schränken den Spielraum ein und lassen nur Ja oder Nein als Antwort zu. Dafür solltet Ihr das Thema und die Einstellung Eures Gegenübers schon gut kennen – sonst ist die Einschränkung oft kontraproduktiv.

Gut für

  • Bestätigung
  • Konkrete Information (die ich grundsätzlich kenne)

Weniger gut für

  • Das Erörtern unbekannter Information.
  • Themen, die viele Antworten zulassen: „Spielen Sie Tischtennis?“ ist zu konkret um über Sportneigungen zu reden.
  • Beziehungsaufbau, denn die geschlossenen Fragen geben dem Gegenüber keinen Platz.

Tipps

  • Nutzt geschlossene Fragen bewusst, um Bestätigungen einzuholen.
  • Meidet geschlossene Fragen, wenn Ihr ein Gespräch eröffnen wollt.
  • Nutzt geschlossene Fragen gewählt und mit Ziel.
  • NEIN steht für „Noch Eine Information Nötig“. Auf zu früh gestellte geschossene Fragen hört Ihr schnell ein Nein – das ist aber kein Gesprächsabbruch, sondern oft die Aufforderung für eine offene Frage.

Die Alternativfrage

Beispiele

  • Zum Griechen oder lieber doch wieder der Italiener?
  • Passt der Termin am Donnerstag oder am Freitag besser?

Ziel

Bestätigung für eine von uns zur Wahl gestellte Alternative.

Prinzip

Menschen haben gerne die Wahl. Die Alternativfrage gibt sie ihnen. Erfahrungsgemäß werden Entscheidungen beschleunigt, wenn die Frage lautet „wollen Sie das Rote oder das Blaue?“ statt „wollen Sie das Blaue?“.
Durch die Wahl der Alternativen schränkt der Fragende den Antwortraum deutlich ein und lenkt die Antwort. Deswegen ist die Alternativfrage auch nur mit Maß und Ziel einzusetzen. Doch wer sie beherrscht, der kann mit der Alternativfrage viel erreichen.

Gut für

  • Entscheidungsbeschleunigung
  • Gegenüberstellung zweier Alternativen
  • Terminvereinbarungen

Weniger gut für

  • Finden von Information
  • Aufbauen einer Beziehung

Tipps

  • Nennt zwei, maximal drei Alternativen.
  • Die zuletzt genannte Alternative wird häufiger gewählt.

Die Anknüpfungsfrage

Beispiele

  • Person 1: „… und natürlich, die einfache Anwendung ist auch ein Thema.“
  • Person 2: „Verstehe… einfache Anwendung. Welche Erfahrungen haben Sie hier gemacht?“

Ziel

Mit dieser Frage fördert Ihr den Dialog. Der andere realisiert, dass Ihr ihm/ihr zuhört. Oft kommen erst durch die Anknüpfungsfrage wirklich persönliche und nicht vorgefertigte Aussagen vom anderen.

Prinzip

Auf den zuletzt genannten Punkt wird sofort eingegangen und dazu eine – meist offene – Frage gestellt.

Gut für

  • Vertiefung der Beziehungsebene
  • Informationssammlung
  • Professionellen Plausch

Weniger gut für

  • Vereinbarungen
  • Abschluss des Gesprächs
  •  Beschleunigen einer Entscheidung

Tipps

Wenn Ihr die zuletzt gesagten Worte des Gesprächspartners wiederholt, vertieft Ihr die Beziehungsebene. Ihr zeigt so „ich habe zugehört“ und „ich bin auf Ihrer Seite“.
Diese Frage steigert die Gesprächigkeit Eures Gegenübers oft sehr deutlich. Ihr könnt so wesentliche Informationen sammeln.

Die dirigierende Frage

Beispiele

  • Letztens habe ich Ihnen Informationen zu … versprochen. Ich habe die Unterlagen heute mit, wollen wir uns diese ansehen…?

Ziel

Fokus auf ein Thema oder Wechsel zu einem Thema.

Prinzip

Themenwechsel mitten im Gespräch können „Nebenwirkungen“ haben. Das Risiko können wir minimieren, indem wir auf vorher oder früher Gesagtes verweisen. So wirkt der Themenwechsel nicht willkürlich, sondern voll auf den Gesprächspartner fokussiert.

Gut für

  • Fokus auf einen Punkt.
  • Themenwechsel hin zu einem vielversprechenderen Argument.
  • Beweis unserer Professionalität: wir haben zugehört, evtl. notiert und führen professionell durch das Thema und behalten unseren Gesprächspartner und dessen Äußerungen im Fokus.

Weniger gut für

  • Abschluss bzw. Vereinbarungen, denn man eröffnet damit meist ein neues Thema
  • Argumentationen, denn da kann das „aber Sie haben doch vorhin gesagt“ die Beziehungsebene schädigen.

Tipps

Wenn Ihr ein Gespräch so eröffnet zeigt Ihr, dass Ihr von einem auf das andere Meeting professionell Themen mitgenommen, bearbeitet und wieder mitgebracht haben. Das zeigt nicht nur Professionalität, sondern auch Respekt. Wer diese Methode gerne nützt sollte mitschreiben.

Die Isolationsfrage

Beispiele

  • „Angenommen wir einigen uns beim Preis – kann ich dann mit dem Auftrag rechnen?“
  • „Wenn wir die nächste Veranstaltung an einem Donnerstag statt an einem Freitag machen, kommenSie dann?“

Ziel

Kommen wir beim Gespräch nicht weiter, so hilft die Isolationsfrage, um Hindernisse abzugrenzen, Einwände zu klären. Missverständnisse und vage Formulierungen (Vernebelungs-Argumente) werden so geklärt.

Prinzip

Bei erfolgender Einwand-Behandlung nehmen wir einen letzten, anscheinend unlösbaren Einwand und isolieren diesen von möglichen anderen Hindernissen.

Gut für

  • Vereinbarung und Abschluss
  • Präzisierung
  • Einwand-Behandlung

Weniger gut für

  • Wenig hilfreich, wenn sie früh im Gespräch eingesetzt wird, denn sie könnte das „Einwand-Denken“ beim Gegenüber fördern.
  • Gefährlich ist sie auch, wenn kein Spielraum beim konkreten Thema besteht. Denn nach der Isolationsfrage ist der Einwand festgehalten und damit können auch kleine Stolpersteine zu großen Hindernissen werden.

Tipps

Klärt vorher mit offenen und Alternativfragen.
Nutzt die Isolationsfrage besonders bei Entscheidern.
Klärt vorher, dass noch ein gewisser Spielraum besteht.

Die Bestätigungsfrage

Beispiele

  • „Wenn ich dann einmal zusammenfasse, dann haben wir… Stimmt das so?“
  • „Ok, das heißt dann, die nächsten Schritte sind im Konkreten… Fehlt noch etwas?“
  • „Reichen Ihnen diese Unterlagen?“

Ziel

Am Ende einer formellen Bedarfserhebung oder eines Gesprächs werden die Fakten nochmals zusammengefasst. Missverständnissen und Unklarheiten – z.B. wer was zu erledigen hat – wird so Einhalt geboten.
Im Verkaufsgespräch wird an dieser Stelle der Gesprächspartner möglicherweise noch einen Punkt ergänzen und uns so viel Arbeit ersparen.

Prinzip

Knappe, punktuelle Zusammenfassung gefolgt von einer geschlossenen Frage – der Abschlussfrage. Die Bestätigungsfrage ist eine umfangreichere Abschlussfrage.

Gut für

  • Bestätigung, Vereinbarung, Abschluss.

Weniger gut für

  • Bedarfsklärung
  • Informationssammlung

Tipps

Stellt das mächtigste Argument ans Ende Eurer Aufzählung.
Verwendet eine direkte Ansprache und betont die Vorteile für Euer Gegenüber.
„Frau Meier, damit uns da jetzt nichts entgeht: ich fasse das noch kurz zusammen: …“

Die präsentierende Frage

Beispiele

  • „Wussten Sie, dass Sie ab einer Bestellmenge von 6 Stück kein Porto zahlen?“
  • „Haben Sie schon gehört, dass unser neuestes Produkt jetzt auch in xxx eingesetzt wird?“

Ziel

Alles was man sagen kann, kann man fragen. Die präsentierende Frage versteckt eine Information für den Kunden in einer Frage.

Prinzip

Die präsentierende Frage „weckt“ das Interesse des Kunden. Wir präsentieren eine Information, doch sie ist in der Frage verpackt und fordert den anderen sofort zur Reaktion auf.
Die Frage ist eine geschlossene Frage, die typische Reaktion ist eine Antwort auf das „Wussten Sie“ oder „Haben Sie schon gehört“ – und lautet meist in etwa „Ach wirklich“ oder „Das habe ich noch nicht gewusst“. Diese Antwort ist eine Einladung, das Thema vertieft darzustellen.

Gut für

  • Längere Verkaufsgespräche
  • Verkaufsgespräche bei denen wir aus einer passiven Rolle herauskommen wollen

Schlecht für

  • Informationssammlung

Tipps

Habt für diesen Fragentyp kundenrelevante Neuigkeiten parat.
Information, die von dritten belegbar ist, ist mächtiger als eine bloße Behauptung.
Bei der Frage soll das Neue, das Interessante mitschwingen.

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